1. Einführung
Als Forrest Gump 1994 insgesamt sechs Academy Awards gewann, hatte mancher sicher den Satz im Ohr "death is part of life"1 – aber ganz so zwingend muss die Krise des Unternehmens nicht unmittelbar dessen Ende bedeuten. Gerade im Bereich der kleinen und mittelgroßen Unternehmen (im Folgenden "KMU") haben Eigentümer und Geschäftsführer (regelmäßig in Personalunion) ihr persönliches Vermögen, Einkommen, Reputation und Alterskissen mit ihrem Unternehmen verknüpft. Und auch Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten – kurz: soziale Verantwortung treiben den geschäftsführenden Gesellschafter in der Krise des Unternehmens in schlaflose Nächte, persönliche Belastung und Verlust an Lebensqualität.
Umso wichtiger ist die ehrliche Auseinandersetzung mit den Krisenstadien, den Krisenursachen und möglichen Maßnahmen zur Überwindung der Krise: von Wissenschaft und Rechtsprechung wurde dafür der Begriff des "Sanierungskonzepts" geprägt.
In einem anspruchsvollen Prozess über mehrere Jahre hat das Institut der Wirtschaftsprüfer e. V. in Deutschland 2006 mit dem Standard "IDW S 6 – Anforderungen an die Erstellung von Sanierungskonzepten"2 Beiträge aus Praxis, Wissenschaft und Rechtsprechung zusammengefasst und zugleich eine in Deutschland allgemein akzeptierte Handlungsempfehlung zum Vorgehen in Krisensituationen gegeben. In dem Maße wie sich die Umwelt fortentwickelt, wird auch der IDW S 6 regelmäßig überarbeitet und ergänzt. Die Bedeutung dieses Standards wächst nicht zuletzt aus der regelmäßigen Zitierweise der deutschen Gerichte. Es verwundert wenig, dass ein Standardsetzer bei der Definition allgemein verbindlicher Anforderungen einen umfassenden Ansatz wählt, denn es ist gerade das erklärte Ziel, intersubjektive Maßstäbe zu setzen. Genau dieses Ziel "one size fits all" ist aber auch eine Schwäche von IDW S 6, was letztlich im Urteil des BGH vom 12.05.20163 reflektiert wurde: das höchste deutsche Zivilgericht beurteilte darin in Abhängigkeit von der Komplexität der konkreten Umstände des Einzelfalls auch geringere Anforderungen an Sanierungskonzepte als in IDW S 6 noch als "ausreichend".
2. Feststellung des Krisenstadiums
Unwidersprochen bleibt die Feststellung in IDW S 6, Tz. 62, dass Unternehmen in der Krise regelmäßig verschiedene Stadien durchlaufen, wobei sich diese Krisenstadien nicht zwingend in einer festen oder gar gesetzlichen Reihenfolge entwickeln müssen, sondern auch überlappend, parallel oder singulär auftreten können. Problematisch sind aber zwei Dinge:
- In der Regel spitzen sich Krisen im Zeitablauf zu, während gleichzeitig die Handlungsoptionen sinken und
- allein auf Behebung der Liquiditätskrise ausgerichtete Maßnahmen reichen für eine Sanierung regelmäßig nicht aus, solange nicht auch die Ursachen der vorgelagerten Krisenstadien identifiziert und behoben sind, denn sie führen nur zu dem berühmten Effekt der Eiswürfel im kochenden Wasser auf der heißen Herdplatte – zisch und weg!
IDW S 6 unterscheidet die Krisenstadien4: